Pentling: Die Herausforderung „Asbestzementrohr“ fachgerecht meistern
Asbestzementrohre sind im Betrieb unbedenklich; Voraussetzung im Trinkwasserbereich ist die Einhaltung der Anforderungen der Trinkwasserverordnung. Bei der Instandsetzung stellen sie aber eine große Herausforderung dar. Die Gemeinde Pentling stellt sich dieser Aufgabe.
Rohre aus Asbestzement (AZ) sind in Bayerns Trinkwasser- und Abwassernetzen keine Seltenheit. Sie wurden vor allem in den 1950er und 1960er Jahren und teils noch bis in die 1990er Jahre im Untergrund verlegt. Heute denken wir beim Wort „Asbest“ sofort an die gesundheitsschädlichen Gefahren, die von dem Material ausgehen können. Die gefürchtete gesundheitsschädliche Wirkung von Asbest entfaltet sich, wenn Asbestfasern an die Luft gelangen und eingeatmet werden. Aus diesem Grund dürfen seit 1995 in Deutschland keine Asbestprodukte mehr verbaut werden.
Wenn AZ-Rohre als Trinkwasser- oder Abwasserleitungen bereits im Einsatz sind, ist der alltägliche Betrieb jedoch unbedenklich, da die Fasern im Rohrmaterial gebunden sind. Kompliziert wird es erst, wenn es um die Instandhaltung und Sanierung geht, denn auch diese Rohre haben nur eine beschränkte Lebensdauer. Viele Gemeinden in Bayern stehen daher vor der Frage, wie sie fachgerecht mit ihren veralteten Asbestzementrohren umgehen sollen.
Pentling widmet sich den „Problemrohren“
Anlässlich der Umstellung auf ein digitales Kanalkataster finden in Pentling aktuell eine Reihe von Kamerabefahrungen zur Zustandserfassung statt. Dabei ist Vorsicht geboten. Wie in vielen anderen Gemeinden wurden auch in Pentling noch in den 1980er-Jahren AZ-Rohre verlegt. Wie viele und welche Kanalrohre dies betrifft, ist jedoch aus den alten Plänen nicht immer ersichtlich. Thomas Kohlmeier, Bauamtsleiter der Gemeinde, schätzt, dass vermutlich rund 20% des Kanalnetzes betroffen sein könnten. Da bei Asbestzement aber schon bei der Hochdruckspülung in Vorbereitung auf die Kanalbefahrung nur zugelassene emissionsarme Verfahren eingesetzt werden dürfen, muss das Material von Anfang an mitbedacht werden.
“Bei Asbestzementrohren müssen wir schon bei der Kanalinspektion spezielle Vorkehrungen treffen. Zunächst muss geklärt werden, ob in den Abschnitten überhaupt Asbest zum Einsatz kam.”
In Pentling hat man sich bei einem aktuell laufenden Projekt zusammen mit einem Asbestsachverständigen und dem Gewerbeaufsichtsamt Schritt für Schritt dieser Aufgabe gewidmet:
- Zuerst muss abgeklärt werden, ob es sich bei dem betroffenen Abschnitt überhaupt um Asbestzement handelt. Ein Blick ins Archiv kann hier Hinweise liefern. Sicherheit bringt allerdings erst eine Materialanalyse im Labor.
- Im Umgang mit Asbest dürfen nur Firmen mit sachkundigem Personal eingesetzt werden. Das gesamte Verfahren muss von Asbestsachverständigen begleitet werden. Die beteiligten Fachkräfte müssen mit einer Schutzausrüstung ausgestattet sein.
- Bei den Arbeiten dürfen nur emissionsarme Verfahren eingesetzt werden, um Arbeitskräfte und Unbeteiligte davor zu schützen, dass die gefährlichen Fasern in die Atemwege gelangen. Nur für wenige Abbruch‑, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten gibt es bereits zugelassene Verfahren.
- In den meisten Fällen müssen individuelle Vorgehensweisen mit den Sachverständigen abgestimmt und bei der zuständigen Behörde eine Einzelfallgenehmigung beantragt werden. In Bayern passiert das beim jeweilig vor Ort zuständigen Gewerbeaufsichtsamt.
In Pentling heißt das: der betroffene Abwasserkanal wurde vor der Befahrung mit einem geprüften emissionsarmen Verfahren gereinigt. Dabei wird mithilfe eines Gebläses eine Luftschleierabsperrung erzeugt. So wird verhindert, dass Partikel aus dem Kanal an die Außenluft gelangen. Anhand der Ergebnisse der anschließenden Zustandserfassung wird dann in Abstimmung mit dem Gewerbeaufsichtsamt entschieden, ob das Rohr noch weiter im Einsatz bleiben darf bzw. welche weiteren Instandhaltungsmaßnahmen geeignet sind.
Hier waren die Ergebnisse erfreulich: das untersuchte Material ist noch in sehr gutem Zustand mit nur vereinzelten Mängeln. Das ist für die Gemeinde eine Erleichterung. Die betroffenen Abschnitte liegen nämlich in einem Wasserschutzgebiet. Dort muss das Kanalnetz im Sinn der „Wasserschutzgebiets-Verordnung“ zusätzlich in kürzeren Intervallen kontrolliert werden. Dadurch entstehen allein schon im Rahmen der Zustandserfassungen von Asbestzementrohren regelmäßig höhere Kosten.
Als nächste Schritte wurden in Pentling eine Dichtheitsprüfung der Rohrverbindungen (Rohrmuffen) und die Instandhaltungsarbeiten mit dem Einbau von Edelstahlmanschetten geplant. Dies erfolgte ebenfalls in Abstimmung mit dem Sachverständigen und dem Gewerbeaufsichtsamt. Um eine Zulassung der Verfahren zu bekommen, werden die Pilotmaßnahmen in Pentling von Arbeitsplatzmessungen begleitet. Das heißt: Die Fachkraft trägt während der Durchführung der Arbeiten ein Messgerät am Körper, das die Asbestfaserbelastung ermittelt. Hier zeigte sich, dass die angewendeten Tätigkeiten glücklicherweise emissionsarm sind.
Die Ergebnisse dieser Arbeitsplatzmessungen für die Dichtheitsprüfung konnte nach Abstimmung mit der Behörde auch auf den zweiten Schritt — die Installation der Manschetten — übertragen werden. Auf mehrfache, aufwendige Messungen, konnte so ausnahemsweise verzichtet werden.
Die Qualität der Instandhaltungsmaßnahme wurde im Nachgang noch mit einer weiteren Dichtheitsprüfung überprüft.
“Am Wichtigsten sind eine sorgfältige Planung durch sachkundige Ingenieure und eine enge Abstimmung aller Beteiligten – dafür muss man sich im Vorfeld genügend Zeit nehmen.”